Archäologische Ausstellung ein Novum in der 1200-jährigen
Geschichte der Gemeinde - Hund "Knitti" als Attraktion
Am vergangen Samstag wurde die archäologische Ausstellung unter dem Motto "Zurück zu den Anfängen..." eröffnet.
Bei seiner Begrüßung bedankte sich Bürgermeister Ulrich Christmann bei Dr. Peter Sinn als Initiator,
Arne Trautmann M.A., Museumspädagoge, für die Konzeption der Ausstellung und der Direktion
des Historischen Museums Speyer sowie dem Archäologischen Landesamt in Speyer für die Unterstützung und
Bereitstellung der Fundstücke. Ein großes Lob erntete das Knittelsheimer Organisationsteam Albert Huber, Eugen und
Gertrud Wingerter sowie Isolde Rößler.
Die Ansprache von Dr. Sinn, der über die Herkunft der meisten Fundstücke und die Zeugnisse der jüngeren Geschichte
informierte, ist im Anschuss abgedruckt. Arne Trautmann stellte im Anschluss die Fundstücke gegliedert nach den
verschieden Epochen vor. Kreisbeigegeordneter Rainer Strunk und Verbandsbürgermeister Dieter Adam
beglückwünschten die Gemeinde zur Ausstellung als eindrucksvollen Beitrag zum Dorfjubiläum und hoben das Engagement
der Knittelsheimer im Jubiläumsjahr hervor.
Dr. Peter Sinn zur Eröffnung der Ausstellung:
„Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Knittelsheimer!
Die Nachbardörfer, vor allem Ottersheim, Zeiskam und Bellheim, hatten schon vor rund 30 Jahren
ihr 1200er Ortsjubiläum. Ist deshalb Knittelsheim jünger als die Nachbardörfer? Nein, es ist nur etwas
später in den uns erhaltenen Klosterurkunden erwähnt worden. Alle Heim-Dörfer haben übrigens
schon rund 250 Jahre vorher existiert, wie Sie sicher bereits wissen.
Hat Knittelsheim eine reichere archäologische Vergangenheit als die Nachbardörfer, weil mit den Funden heute sogar
eine spezielle Ausstellung präsentiert werden kann? Ebenfalls eher nein. Es gab hier nur eine Person, die vor über 100 Jahren
in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg sich als leidenschaftlicher Altertumsforscher betätigte. Das war Peter Heinrich Hermann Schott,
der Inhaber der damals besonders florierenden Forst-Samenhandlung mit Klenganstalt und Baumschulen,
der auch Bürgermeister von Knittelsheim war. Dieser Schott führte mit seinen Arbeitern sogar größere
Ausgrabungen durch, z.B. auf dem Gollenberg und am Hohweg, aber nicht als illegaler „Raubgräber“, sondern
in engem Kontakt mit dem Museum in Speyer, vor allem mit dem damaligen, später berühmten
Direktor Dr. Ludwig Sprater, zu dem es auch persönliche Beziehungen (einschließlich der Familien)
gegeben hat. Ein Beispiel aus der brieflichen Korrespondenz kann das verdeutlichen und ist auch ausgestellt.
Es war folgerichtig, dass nach dem plötzlichen Tod von Heinrich-Hermann 1918 der Bruder Dr. Carl Schott, der sich
als Forstwissenschaftler ab 1905 die Villa am südwestlichen Ortsausgang baute und das archäologischen Schaffen ein Stück
weit begleitet hatte, alle Fundobjekte an das Historische Museum der Pfalz in Speyer übergab. Dort wurden die Funde
als „Sammlung Schott“
registriert - und bilden nun die Grundlage für die heutige Ausstellung. Fundamental auch der gleich 1919 erschienene
Aufsatz des Direktors Dr. Ludwig Sprater über die „Sammlung Schott“. Dieser Aufsatz ist im Fest- und Heimatbuch
abgedruckt, wie überhaupt mein Buch ein Stück weit als Katalog für die Ausstellung dienen kann.
Aus dem Buch stammt auch der hier gezeigte, vergrößerte Text zum Gollenberg - außer den römischen
Ausgrabungsfunden auch sonst urgeschichtlich interessant. Allein der Name „Gollenberg“ ist
verdächtig, weil er ebenfalls an anderen Orten so oder ähnlich vorkommt, besonders der 6 m hohe Menhir
Gollenstein beim westpfälzischen Blieskastel.
Weiter sieht man, auch aus meinem Buch, die Ausführungen über den Römerplatz, denn der Römerplatz darf bei
dieser Ausstellung nicht vergessen werden. Woher dieser Name kommt, liegt keineswegs auf der Hand. Ich will versuchen,
es hier nochmals mit etwas anderen Worten zu erklären. In der Festschrift zum großen Knittelheimer Festwochenende lesen
wir im Grußwort des Landrats: „Doch schon zu Zeiten der Römer hatten sich hier Menschen angesiedelt.
Dies bezeugen die gemachten archäologischen Funde. Der Römerplatz in der Ortsmitte wurde danach benannt.“
So einfach ist das aber nicht. Die archäologischen Funde, die wir heute hier auch sehen können, sind vor rund
100 Jahren gemacht worden. Der Name „Römerplatz“ taucht aber schon wesentlich früher, nämlich 1838 auf dem bayrischen
Katasterplan für Knittelsheim auf, den wir übrigens auch ausstellen. Schon vor 170 Jahren gab es also den Platz mit der
quasi archäologischen Bezeichnung. Ich vermute folgendes und so steht es auch im Buch: Schon im 18. Jahrhundert regierte
in Mannheim, damals noch über die Kurpfalz, der besonders renommierte Fürst Carl Theodor, der auch ganz
außergewöhnlich an Altertümern interessiert war, quasi der Erzvater der Archäologie in unserem Raum.
In der ganzen Kurpfalz beiderseits des Rheins registrierte er besonders die - damals noch viel häufigeren -
römischen Überreste und ließ sie, wenn irgendwie möglich, in seine Antiquitätensammlung beim
Mannheimer Schloss, dem Vorläufer des heutigen Reiss-Engelhorn-Museums, schaffen. In dieser Zeit, also vor
ca. 250 Jahren müsste auch in Knittelsheim noch ein größeres Monument oder Bauwerk gestanden und
die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, so dass vielleicht die Bevölkerung, auf jeden Fall dann
die Katasterplan-Kartografen den Namen „Römerplatz“ übernommen und amtlich eingeführt haben.
Wahrscheinlich hat Bürgermeister Daniel Schott, der 1816 die sehr beachtliche Kreuzigungsgruppe
auf dem Platz errichten ließ, bei der Namensgebung des Platzes ebenfalls eine Rolle gespielt.
Es gab mit Sicherheit einen realen Anlass oder Hintergrund. Insofern hat der Landrat doch recht.
Die modernen Ausgrabungen Anfang des 20. Jahrhunderts waren es aber nicht. Und es ist auch kein
Phantasiename in Anlehnung z.B. an den Frankfurter Römer-(Platz), wie der bekannte Orts- und
Flurnamenforscher Ernst Christmann gemeint hat.
Noch ein paar Sätze zu den „Zeugnissen der jüngeren Dorfgeschichte“, die
wir in die Ausstellung miteinbezogen haben. Da ist z.B. die 1891
gefertigte Traditionsfahne des schon 1840 gegründeten Cäcilienvereins an der Wand hinten und –ganz neuerdings aufgetaucht–
die prächtige Fahne des Turn- und Sportvereins von 1921.
In der Tisch-Vitrine der Bebauungsplan von 1838 für die
Ottostraße, der früheren Kühgass, der in der Fam. Ernst Böhm aufgehoben
wird. Dann der Eichplan für das von der Mühle abgezweigte Wasser –
auch wegen der harten Konkurrenz der Wiesenbewässerung. Dazu zwei
alte Chor-Liederbücher von 1890 bzw. 1905.
An den Stellwänden noch der Kaufvertrag von 1728 mit Zeiskam, von dem
Knittelsheim damals relativ günstig den Hinterwald erworben und dadurch
sein heutiges Waldareal gesichert hat.
Dann der erste Gemarkungsplan des Dorfes von 1739,
schließlich eine Kopie der Urkundenseite vom Kloster Weißenburg, auf
der Knittelsheim als Cnutilesheim erstmals genannt wird - im Jahre 808.
Frei ausliegend, aber nicht zum mitnehmen:
Das Protokollbuch der Ortsschulkommission von 1838 bis 1892, wo
besonders die Unterrichtsversäumnisse und die deswegen gegen die Eltern verhängten Geldstrafen festgehalten sind.
Wegen der Arbeiten im Feld wurde die Schulpflicht nicht immer eingehalten!
Ferner das Protokollbuch des Männerchors von 1938 bis 1957, das Ablieferungsbuch der
Milchgenossenschaft mit den letzten Einträgen von 1972, was den Niedergang der Landwirtschaft insgesamt dokumentiert.
Außerdem noch vier historische Karten bzw. kopierte Ausschnitte von 1797 bis 1830 mit Knittelsheim
und Umgebung, bei denen der Ortsname im Unterschied zu anderen Dörfern meist richtig
geschrieben ist. Nur einmal heißt es Knidelsheim. Das war noch nicht so fixiert,
vor allem waren es meist die Franzosen, die die Karten fertigten und die deutsche
Sprache nicht so sicher beherrschten. Oft mussten sie sogar nach dem Gehör auf den Pfälzer
Dialekt zurückgreifen (Kni(tte)lse, Ottersche, Zäskem, Bellem, Sunnre, Hardt).“
Die Ausstellung im Gemeindehaus kann noch bis zum 16. November 08 besichtigt werden.
Öffnungszeiten:
Mittwoch, 16 bis 19 Uhr
Samstag, 14 bis 17 Uhr
Sonntag, 14 bis 17 Uhr
Führungen für Schulklassen und andre Gruppen sind möglich. Anmeldungen unter Tel.-Nr. 07272/7008-334.
Der Eintritt ist frei.
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